Unser Experte Prof. Dr. med. vet. Norbert Mencke, verrät mehr zum Thema Schlupfwespe.
- Schlupfwespen – nützliche Helfer gegen Schädlinge
- Sind Schlupfwespen gefährlich?
- Die Schlupfwespe als Nützling
- Fazit
ARDAP Expertenwissen kurz & knapp: Das Wichtigste für Sie zusammengefasst

Schlupfwespen – nützliche Helfer gegen Schädlinge
Nützling im Ökosystem
- Parasitoide Lebensweise (natürliche Schädlingskontrolle, d.h. ihre Larven entwickeln sich in anderen Insekten als Wirtstiere)
- Besonders wertvoll für die Forstwirtschaft: Schlupfwespen bekämpfen Larven der für Bäume schädlichen Holzwespen (Sirex juvencus)
Auszeichnung und Bedeutung
- Holzwespen-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria) ist "Insekt des Jahres 2025"
- Spektakuläres Aussehen und ökologische Schlüsselrolle
Schutz & Harmlosigkeit
- Streng geschützt (allgemeiner und besonderer Artenschutz)
- Keine Gefahr für Menschen oder Haustiere – absolut harmlos
- Global wichtig zur Bekämpfung von Vorrats- und Pflanzenschädlingen
Zur Familie der Schlupfwespen (Ichneumonidae) gehören tausende Arten allein in Deutschland. Diese kleinen Wespen sind solitär (allein) lebende Arten. Wir haben es hierbei mit einem besonderen Nützling zu tun, der sich in unserem Ökosystem durch einen sehr wertvollen Beitrag auszeichnet. Tatsächlich ist die Holzwespen-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria) sogar das Insekt des Jahres 2025[1]. Das unterstreicht die Wichtigkeit dieses Insekts für das Ökosystem. Denn die Schlupfwespe lebt parasitoid, das heißt, sie lebt in ihrer Entwicklung als Ei und Larve parasitisch, ernährt sich von dem Insekt (=Wirtstier) und tötet den Wirt zum Abschluss, womit sie zur natürlichen Schädlingskontrolle beiträgt.
Diese Schlupfwespe verfügt über einen langen und weit über den Hinterleib hinausragenden Legebohrer, mit dem sie ihre Eier in Holzwespenlarven ablegt. Damit erweist sie sich für die Forstwirtschaft als besonders nützlich. Doch auch wegen ihres spektakulären Aussehens wurde diese besondere Schlupfwespenart gekürt. Sie sehen also, dass Sie diese Tiere >strong>auf keinen Fall stören, vertreiben oder gar töten dürfen. Hier sind auch immer die gesetzlichen Grundlagen zum allgemeinen und besonderen Artenschutz zu berücksichtigen[2][3]. Diese Wespen gefährden weder Menschen noch Haustiere und sind vollkommen harmlos. Da wir sie weltweit benötigen, um gegen Vorrats- und Pflanzenschädlinge vorzugehen, steht der Schutz dieser Art klar im Vordergrund.
Schlupfwespen - die artenreichste Familie der Hautflügler
Bei den Schlupfwespen handelt es sich um eine erstaunlich große Familie. Weltweit sind über 25.000 Arten beschrieben. Dabei gehen die Forscher davon aus, dass viele Arten noch unentdeckt sind. Schätzungen reichen bis über 100.000 Arten, die weit verbreitet leben. Selbst Ameisen (Formicidae) können bei dieser Artenvielfalt nicht mithalten. In Deutschland sind über 3.500 Arten beschrieben worden.

Aussehen der Schlupfwespen
Die Arten der Familie der Schlupfwespen gehören biologisch (taxonomisch) zu den Wespen (Taillenwespen), sehen aber ganz anders aus als die uns bekannten Wespen, wie die Deutsche oder die Gemeine Wespe. Die meisten Schlupfwespen messen lediglich sechs bis 17 Millimeter. Es sind sogar winzige Arten mit einer Größe von drei Millimetern bekannt. Typisch sind für diese Art auch die langen, fadenförmigen Antennen, die sich aus einer Vielzahl kleiner Glieder zusammensetzen. Vom kräftigen Thorax gehen zwei transparente Flügelpaare mit einer feinen Aderung aus. Auf dem Kopf sitzen die beiden großen Facettenaugen. Hinzu kommen drei Punktaugen (Ocelli) in einer Dreiecksanordnung auf der Stirn.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich die Schlupfwespen bezüglich ihres Aussehens durch eine große Vielfalt auszeichnen. Es ist also gar nicht so einfach, eine einheitliche Beschreibung zu liefern, die auf alle Schlupfwespenarten zutreffen würde.
Interessant ist zum Beispiel, dass bei den Waldarten der Bohrer die Flügelspannweite überragt. Die kleinsten Arten sind wiederum im Prinzip Mikrowespen und mit bloßem Auge kaum erkennbar. Manchmal sind die Tiere so schlank und zierlich, dass wir sie leicht mit Ameisen verwechseln können.

Bild: Schwarze Schlupfwespe (Pimpla rufipes), Weibchen, am 12. Oktober 2018 in der Schwetzinger Hardt. Autor: Slimguy, Lizenz: CC BY-SA 4.0 Quelle: Wikimedia Commons
Exkurs: Die Schwarze Schlupfwespe
Die Schwarze Schlupfwespe (Pimpla rufipes) gehört mit 10 bis 15 Millimetern zu den mittelgroßen Schlupfwespen. Neben ihrem schwarzen und schlanken Körper ist sie an ihren orangeroten Beinen mit leuchtender Farbe erkennbar. Anders als bei einigen anderen Arten ist der Legebohrer nicht gebogen, sondern schnurgerade. Zu ihrer Lebensweise gehört das Parasitieren von Falterpuppen. Hier haben sie es auf Große Kohlweißlinge (Pieris brassicae), Schwammspinner (Lymantria dispar) oder Gemüseeulen (Lacanobia oleracea) abgesehen. In Mitteleuropa treten die adulten Tiere in der Zeit von Juni bis Oktober auf. Zu den bevorzugten Lebensräumen gehören Waldränder, Lichtungen, Heckenstrukturen und naturnahe Gärten, weil sie hier, als adulte Tiere, genügend Nektar als Nahrung finden.
Exkurs: Holzwespen-Schlupfwespe
Die Holzwespen-Schlupfwespe - das bereits erwähnte Insekt des Jahres 2025 - gehört zu den besonders großen Schlupfwespen. Die Tiere erreichen eine Länge von 35 Millimetern. Ihr Bohrer ist extrem lang und ebenfalls hauchdünn. Farblich zeichnen sich diese Insekten durch einen glänzenden, schwarzen Grundton aus. Davon setzen sich weiße Fleckenreihen auf dem Thorax und dem Hinterleib ab. Die Beine leuchten rot-orange.
In Europa ist die Holzwespen-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria) praktisch überall verbreitet. In einigen Regionen der Welt wurde sie zur biologischen Schädlingskontrolle eingeführt. Weil sie Holzwespen regulieren kann, leistet sie einen wichtigen Beitrag für den Schutz von Nadelgehölz. Das ist auch der Grund dafür, warum gerade diese Schlupfwespenart ausgezeichnet wurde.
Schlupfwespen Larven und Eier erkennen
Die Schlupfwespe legt ihre Eier parasitoid in einem Wirtsgewebe ab. Daher sind die Eier der Schlupfwespe häufig gar nicht direkt erkennbar. Die parasitierten Eier färben sich dabei nach einer gewissen Zeit grauschwarz. Erschwerend für die Sichtbarkeit kommt hinzu, dass diese ohnehin kaum größer als 0,4 Millimeter sind. Auch die Larven dieser Art sind kaum erkennbar, weil sie sich endoparasitär im Wirtskörper, zum Beispiel in einer Raupe, befinden und meistens farblos sind. Erst in späteren Entwicklungsstadien liegt die Larve gut sichtbar außen am Wirt an. Der Kokon der Schlupfwespenlarve befindet sich dann in der leeren Hülle des Wirts. Nach dem Öffnen ist dieser seidenpapierartige Kokon deutlich zu sehen.
Herkunft und Verbreitung
Heute ist die Schlupfwespe praktisch auf allen Kontinenten verbreitet. Fossile Belege sind ab der Unterkreide (d.h. vor über 60 Mio. Jahren) zu finden. Die äußeren Bedingungen spielen für diese Kosmopoliten keine so große Rolle. Entscheidend ist es vor allem, dass geeignete Insekten als Wirtstiere vorhanden sind. Daher sind Schlupfwespen in tropischen Regenwäldern ebenso wie in Wüsten oder der arktischen Tundra zu Hause.
Schlupfwespen wurden auch immer wieder außerhalb ihres natürlichen Areals freigesetzt, um sie für die biologische Schädlingskontrolle nutzen zu können. Als Beispiel dient die Einführung der Holzwespen-Schlupfwespe von Europa aus nach Neuseeland[4]. Doch es treten natürlich auch unbeabsichtigte Verschleppungen auf. Diese erfolgen zum Beispiel über den Schiffsverkehr von Hafen zu Hafen.

Lebensweise und Ernährung
Schlupfwespen injizieren ihre Eier mit einem Legebohrer direkt in oder auf andere Insekten. Häufig handelt es sich dabei um Puppen oder Raupen von Schmetterlingen, Käfern oder anderen Hautflüglern. Die Schlupfwespenlarve frisst den Wirt nach dem Schlupf entweder von innen (endoparasitoid) oder von außen (ektoparasitoid) auf. Manche Arten fressen den Wirt sofort, andere warten, bis sich dieser ebenfalls entwickelt und eventuell sogar verpuppt hat. Die Schlupfwespen sind in ihrem Verhalten also durchaus flexibel, was ihren evolutionären Erfolg erklärt. Sie können sich verschiedensten Wirtstieren anpassen. Die Larven ernähren sich dabei allein von Proteinen. Die erwachsenen Schlupfwespen hingegen benötigen für den Flug und die Wirtssuche viele Kohlenhydrate. Diese beziehen sie zum Beispiel aus Pflanzensäften, Nektar oder Honigtau. In dieser Hinsicht ähneln sie vielen anderen Wespenarten.
Sind Schlupfwespen gefährlich?
Die gute Nachricht ist, dass Schlupfwespen äußerst friedfertige Zeitgenossen sind. Wir Menschen und auch unsere Haustiere haben von diesen Insekten nichts zu befürchten. Das bedeutet auch, dass hier auf keinen Fall eine Bekämpfung erforderlich ist. Die Schlupfwespen interessieren sich nur für ihre Wirtstiere. Daher kommen sie noch nicht einmal in unsere Nähe. Eine klassische Nestverteidigung führen diese Wespen nicht durch, da sie ja solitär und ohne eigenes Nest leben. Daher spielen auch Allergie- oder Giftprobleme keine Rolle. Die Schlupfwespen treten auch nicht als Lästlinge auf, da sie kein Interesse an unseren Speisen zeigen. Zudem sind keine Materialschäden etwa am Gebäude zu befürchten. Wenn wir von diesem Insekt sprechen, geht es allein um den Nutzen und nicht um die Risiken.

Bild: Weisse Fliege / Whitefly. Autor: gaucho. Lizenz: CC BY-SA 3.0 Quelle: Wikimedia Commonss
Die Schlupfwespe als Nützling
Die Schlupfwespe ist ein Schädlingsbekämpfer. Das ist zum Beispiel nützlich im Hinblick auf Kleider- und Lebensmittelmotten. Die Schlupfwespen verspeisen die Motteneier in großer Zahl und helfen damit, dass Schäden wie Larvenfraß gar nicht erst entstehen. Beliebt sind diese Insekten auch im Gewächshaus bzw. im Gemüseanbau. Tomaten-, Gurken- oder Zierpflanzenbestände lassen sich durch die Schlupfwespe effektiv schützen. So wehrt sie zum Beispiel die Gewächshaus-Mottenschildlaus (Trialeurodes vaporariorum) ab. Oft lässt sich ein Befall damit so stark begrenzen, dass ernstzunehmende Schäden kaum noch auftreten. Wir haben es hier also mit einem ausgezeichneten Nützling zu tun. Die Forstwirtschaft macht sich die Vorteile der Schlupfwespe ebenfalls zunutze. Feldkulturen wie Mais profitieren ebenfalls. Aufgrund dieser ökologischen und auch ökonomischen Pluspunkte ist es vollkommen klar, dass diese Wespenart auf keinen Fall bekämpft werden darf.
Fazit
Die Schlupfwespe ist ein besonderes Tier. In Deutschland hat sie es sogar bis zum Insekt des Jahres 2025 gebracht. Der Grund dafür ist ihr wertvoller Beitrag zum Erhalt des Gleichgewichts im Ökosystem. Diese Wespen sorgen dafür, dass sich bestimmte Schädlinge nicht zu stark ausbreiten können. Zudem besitzen die Schlupfwespen ein faszinierendes Aussehen, sind sehr schön anzusehen und sind auch in dieser Hinsicht absolut schützenswert. Es ist daher gut, wenn jeder Gartenbesitzer die friedliche und harmlose Schlupfwespe von aggressiver auftretenden und gefährlichen Wespenarten unterscheiden kann.
Quellenangaben
- NABU Die Holzwespen-Schlupfwespe
- Bundesnaturschutzgesetz
- Bundesartenschutzverordnung
- Farm Forestry New Zealand