Gemeinsam mit unserem Experten, Prof. Dr. med. vet. Norbert Mencke, Fachtierarzt für Parasitologie, zeigen wir Ihnen, was Sie über die “fliegende Zecke” wissen müssen.
- Gibt es fliegende Zecken?
- Wie sieht die Hirschlausfliege aus?
- Wo kommt die Hirschlausfliege vor?
- Wie gefährlich ist die fliegende Zecke: Risiken für Mensch und Tier
- Wie sieht der Biss einer Hirschlausfliege aus?
- Hund und Katze vor Zecken schützen
Gibt es fliegende Zecken?
Die gute Nachricht zuerst: Es gibt keine fliegenden Zecken. Dass die Hirschlausfliege als „fliegende Zecke“ bezeichnet und manchmal mit Zecken verwechselt wird, liegt an ihrem Aussehen und daran, dass sie – ähnlich wie Zecken – durch das Blutsaugen viel größer wird. Zudem können auch Hirschlausfliegen Krankheitserreger übertragen, wobei die Gefahr hier weit geringer ist als bei Zeckenstichen.
Die Hirschlausfliege (Lipoptena cervi) ist ein Insekt. Sie gehört zur Familie der Lausfliegen (Hippoboscidae), welche mehrere Gattungen umfasst, die Wildtiere, Vögel und weitere Tierarten befallen. Der Rothirsch ist der bevorzugte Wirt der Hirschlausfliege. Alle Lausfliegen befallen auch andere Wirte, so auch den Menschen, Hunde und seltener auch Katzen. Anders als Zecken, die zur Ordnung der Milben (Acari) gehören und achtbeinige Spinnentiere sind, hat die Hirschlausfliege sechs Beine und kann fliegen – zumindest bis sie auf einem Wirtstier gelandet ist.
Zecken haben dagegen keine Flügel und können nicht fliegen. Die meisten in Deutschland vorkommenden Zeckenarten haben nicht einmal Augen. Die Zecke ist also darauf angewiesen, dass ein geeignetes Wirtstier dort vorbeikommt, wo sie sitzt und wartet, etwa auf einem Grashalm oder im niedrigen Gebüsch.
Wie sieht die Hirschlausfliege aus?
Die Hirschlausfliege sieht einer Zecke nur auf den ersten, flüchtigen Blick ähnlich. Ihr Körper ist etwa fünf bis sieben Millimeter lang und rotbraun gefärbt. Sie hat kräftige Beine, die auch zum schnellen Krabbeln geeignet sind und Haken aufweisen, um sich im Fell von Wirtstieren festhalten zu können. Die Hirschlausfliege tritt in Schwärmen auf und sucht sich ihre Opfer aus der Luft aus. Nach der Landung wirft sie ihre transparenten Flügel ab und verbleibt, sofern sie nicht entfernt wird, bis zum Lebensende auf ihrem Wirt. Am liebsten versteckt sie sich in flauschigem Fell und dichtem Haar, wo sie aufgrund ihrer geringen Größe nur schwer zu entdecken ist, insbesondere nachdem sie ihre Flügel abgeworfen hat.
Sobald sie ihren Wirt gefunden hat, beginnt die Hirschlausfliege mit ihrem stechend-leckenden Mundwerkzeug Blut zu saugen. Dadurch schwillt ihr Hinterleib wie der einer Zecke deutlich an. Anders als Zecken, die sich nur an einer Stelle festsaugen und nach der Blutmahlzeit fallenlassen, stechen Hirschlausfliegen immer wieder neu zu und saugen Blut an vielen Stellen. Es wachsen ihnen nie wieder neue Flügel, nachdem sie das erste Paar abgeworfen haben. Werden sie als flügellose, vollgesogene Krabbeltiere z. B. im Hundefell gefunden, können sie mit Zecken verwechselt werden.
Wo kommt die Hirschlausfliege vor?
Die Hirschlausfliege kommt hauptsächlich in Wäldern und an deren Rändern vor, wobei ihr Vorkommen in Misch-, Kiefern- und Eichenwäldern am höchsten ist. Sie bevorzugt Lebensräume, in denen sie ihren bevorzugten Wirt, den Hirsch, aber auch andere Wildtiere wie Rehe, Wildschweine, Füchse oder Dachse finden kann. In diesen Gebieten ist die Hirschlausfliege oft in Schwärmen anzutreffen. Während sie normalerweise Waldgebiete bewohnt, kann sie auch in der Nähe von Parkanlagen oder Gärten auftreten, insbesondere wenn diese an Waldgebiete angrenzen.
Am weitesten verbreitet sind Hirschlausfliegen derzeit vor allem in Süddeutschland, insbesondere in waldigen Regionen wie dem Schwarzwald, der Schwäbischen Alb und dem Bayerischen Wald. Sie ist aber auch in Norddeutschland zu finden, wo der Rothirsch in großen Waldkomplexen lebt. Wo dichte Wälder und eine Vielzahl von Wildtieren vorhanden sind, findet der Parasit ideale Lebensbedingungen vor. Doch auch in anderen Teilen Deutschlands, wie beispielsweise den Mittelgebirgen und Waldgebieten entlang der Flüsse, werden immer mehr Hirschlausfliegen gefunden. Durch milde Winter und steigende Temperaturen hat sich ihr Verbreitungsgebiet in den letzten Jahren stark ausgeweitet, sodass wir auch mit diesem Parasiten künftig öfter rechnen müssen.
Die mit der Hirschlausfliege verwandte Rehlausfliege (Lipoptena fortisetosa) kommt überall dort vor, wo ihr bevorzugter Wirt, das Reh, vorkommt. Da das Rehwild überall in Deutschland vorkommt, sogar in Stadtnähe, gibt es für die Rehlausfliege keine geographische Beschränkung.
Wie gefährlich ist die fliegende Zecke: Risiken für Mensch und Tier
Die Hirschlausfliege kann für Mensch und Tier verschiedene Risiken mit sich bringen, die von lästig bis potenziell gefährlich reichen.
Für Tiere:
- Schmerz, Stress und Panik: Der Stich der „fliegenden Zecke“ ist für die Tiere schmerzhaft. Besonders Hunde und Pferde reagieren oft panisch auf die Bisse.
- Hautentzündungen: Nach dem Biss können Hautentzündungen durch bakterielle Zweitinfektionen auftreten, die zu Quaddeln und manchmal sogar eitrigen Wunden führen können. Diese Entzündungen können auch Fieber und Unwohlsein verursachen.
- Übertragung von Krankheitserregern: Hirschlausfliegen können den Krankheitserreger „Bartonella schoenbuchensis“ übertragen, der bei Tieren Hautentzündungen begünstigen und eine Bartonellose auslösen kann. Es wird vermutet, dass diese Bakterien auch auf den Menschen übertragbar sind; wissenschaftlich bestätigt ist das jedoch bisher nicht.
Für Menschen:
- Hautreaktionen: Der Biss einer „fliegenden Zecke“ kann auch bei Menschen zu Hautreaktionen wie Rötung, Juckreiz und Schwellung führen. Durch bakterielle Zweitinfektionen können die Stichstellen einige Wochen lang anhalten und so lästig und schmerzhaft sein, dass ein Arztbesuch notwendig wird.
- Mögliche Infektionen: Einige Berichte deuten darauf hin, dass der von Hirschlausfliegen übertragbare Erreger “Bartonella schoenbuchensis” auch beim Menschen zu Hautentzündungen und unspezifischen Beschwerden führen könnte.
- Allergische Reaktionen: Manche Menschen reagieren allergisch auf Hirschlausfliegenbisse und entwickeln zusätzliche Symptome wie anhaltenden Juckreiz, starke Schwellungen, Fieber oder Schüttelfrost.
Hirschlausfliege beim Hund
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Hunde vor Hirschlausfliegen zu schützen:
- Repellents: Repellents in Sprays, Schutzhalsbändern oder Spot-Ons, die auf das Fell des Hundes aufgetragen werden, können auch Hirschlausfliegen abwehren. Diese repellierenden, d.h. abwehrenden Mittel enthalten natürliche oder synthetische Wirkstoffe, die oft gegen mehrere Arten von Parasiten wirken, etwa auch gegen Zecken und Flöhe. Wählen Sie ein Produkt, das explizit für Hunde entwickelt wurde, und verwenden Sie es immer genau nach den Herstelleranweisungen oder tierärztlichen Empfehlungen.
- Schutzkleidung: In besonders betroffenen Gebieten können auch Hunde Schutzkleidung tragen, um Hirschlausfliegen weniger Angriffsfläche zu bieten. Das kann beispielsweise ein eng anliegendes Hundeshirt oder eine Weste sein.
- Regelmäßige Kontrolle: Nach Spaziergängen oder Aufenthalten im Wald sollten Hunde gründlich auf Hirschlausfliegen oder Anzeichen von Bissen überprüft werden. Achten Sie besonders auf den Bauchbereich, die Innenseiten der Oberschenkel und den Schwanzansatz; das sind die bevorzugten Aufenthaltsorte der Hirschlausfliegen. Hierbei eignet sich der ARDAP Floh- und Staubkamm zur schnellen Feststellung und Beseitigung der unliebsamen Parasiten.
- Richtige Versorgung von Bissstellen: Im Falle eines Bisses sollte die betroffene Stelle gereinigt und desinfiziert werden. Bei Anzeichen einer Entzündung oder anderen Symptomen vereinbaren Sie am besten einen Termin beim Tierarzt.
Weil Hirschlausfliegen örtlich begrenzt in Schwärmen auftreten, ist die beste Strategie, sich gar nicht dort aufzuhalten, wo die „fliegenden Zecken“ unterwegs sind. Sind Sie beim Spaziergang mit dem Hund einmal in einen Hirschlausfliegen-Schwarm geraten, vermeiden Sie nach Möglichkeit diese Stelle und gehen Sie einen anderen Weg.
Hirschlausfliege beim Pferd
Bei Pferden helfen ähnliche Schutzmaßnahmen wie bei Hunden:
- Verwenden Sie spezielle Repellents für Pferde, die auf das Fell aufgetragen oder an der Trense bzw. dem Halfter festgemacht werden, um Hirschlausfliegen und andere Parasiten fernzuhalten. Geeignet sind hier das Equisept Fliegen- und Bremsenspray sowie das Equisept Bremsenmedaillon für Pferde
- Als Schutzkleidung können Pferde eng anliegende Decken oder Fliegenschutzmasken tragen.
- Beim Kontrollieren des Tieres achten Sie besonders auf Mähne, Bauch und Schweifansatz.
- Entdecken Sie Bisse, reinigen und desinfizieren Sie die Hautstellen; bei Entzündungs- oder Krankheitszeichen suchen Sie tierärztlichen Rat.
Um Bisse möglichst ganz zu verhindern, vermeiden Sie zudem Ausritte oder das Weiden in betroffenen Gebieten und an Stellen, wo Hirschlausfliegen gerade besonders aktiv sind.
Hirschlausfliege beim Menschen
Hier gilt ebenfalls:
- Schutzkleidung tragen: Hirschlausfliegen fliegen meist gezielt die behaarten Körperregionen, d.h. den Kopf, an. Dann landen sie in den Haaren am Hinterkopf und stechen dort zu. Eine Cap mit Nackenschutz kann hier helfen.
- Repellents: Insektenschutzmittel wie Mückenspray können auch Hirschlausfliegen abwehren.
- Vermeidung betroffener Gebiete: Hirschlausfliegen sind vor allem im Spätsommer und Herbst aktiv. Bemerken Sie einen Schwarm, umgehen Sie die Stelle am besten weiträumig.
- Kontrolle: Menschen bemerken die Stiche/Bisse der Hirschlausfliege oft später als Tiere. Suchen Sie daher Haut und Kleidung nach dem Heimkommen auf Hirschlausfliegen oder Bisse ab und achten Sie dabei besonders auf den Nackenbereich und die Kopfhaut. Reinigen und desinfizieren Sie gefundene Bissstellen und vereinbaren Sie bei allergischen Reaktionen oder Krankheitszeichen sicherheitshalber einen Termin in der Arztpraxis.
Wenn Sie in einem Verbreitungsgebiet leben, nehmen Sie bei Outdoor-Aktivitäten immer eine Rolle breites Klebeband mit. Damit können sie Hirschlausfliegen, die auf Ihrer Haut gelandet sind, abnehmen, bevor sie sich verstecken. Weil die „fliegenden Zecken“ sehr schnell und mit den Fingern kaum zu fangen sind, ist Klebeband hier die effizienteste Methode.
Wie sieht der Biss einer Hirschlausfliege aus?
Der Stich der Hirschlausfliege kann bis zu 20 Minuten dauern. In dieser Zeit nimmt die fliegende Zecke ihre Blutmahlzeit. Der Biss kann danach zu einer deutlichen Rötung und Schwellung mit Juckreiz bis hin zu allergischen Reaktionen führen. Durch den Biss können zudem Krankheitserreger übertragen werden oder sekundäre Bakterien eindringen, wenn bedingt durch den Juckreiz gekratzt wird.
Hund und Katze vor Zecken schützen
Hirschlausfliegen sind zwar ebenfalls lästige Parasiten, doch längst nicht so häufig und gefährlich wie Zecken. Grundsätzlich gilt beim Zeckenschutz: Am besten kombinieren Sie mehrere vorbeugende und abwehrende Mittel. Eine ideale Wirkung erzielen Sie durch die Verwendung von Spot-On oder Zeckenhalsband, ergänzt durch Zecken- und Flohpuder für Hunde und Katzen oder Anti-Zecken Hundeshampoo. Es empfiehlt sich, Ihr Tier vor jedem Ausflug in den Wald mit einem repellierenden Zeckenspray zusätzlich einzusprühen.